A Coast to Coast Walk

300 km quer durch Nordengland — auf den Spuren Alfred Wainwrights von der Irischen See bis zur Nordsee.

Dieses Jahr durchquere ich auf dem Coast to Coast Walk England von der West- zur Ostküste. Es handelt sich bei dem Trail um eine von Alfred Wainwright ausgearbeitete Verbindung etablierter Wege und Wegerechte. Wer den Spuren Wainwrights folgen möchte, startet in St. Bees an der Irischen See, durchquert drei Nationalparks und findet den Abschluss in Robin Hood's Bay an der Nordsee.

Der Lake District stand vor Jahren schon einmal auf meiner Liste. Eine 8 - 10 tägige Rund-Tour war geplant, ein Zug gebucht, doch dann kam die Pandemie …

Ankunft in St. Bees

Meine Reise beginnt um 3 Uhr in der Nacht mit dem Ziel Manchester. Mit auf die Reise geht mein nigelnagelneues DCF-Zelt namens Aeon Li, hergestellt in einer kleinen Manufaktur in den USA. Es bringt inklusive Heringen 540 g auf die Wage. Sehr edel, ich geb es zu, aber um es vorweg zu nehmen: It made me really happy!

Der Weg bietet beste Voraussetzungen, um dieses Jahr etwas häufiger im Zelt zu schlafen. Neben schönen Camp Spots an den Seen des Lake Districts gibt es charmante, einfache Farm-Campingplätze sowie die Möglichkeit, auf der Wiese hinter dem Pub des Etappenziels zu zelten.

In Manchester angekommen muss ich leider 3 Stunden auf den Zug nach St. Bees warten. Bedeutet, ein erster englischer Tee und das emsige Treiben an dem rauen Flughafen beobachten. Mein Kopf dröhnt, vermutlich dem wenigen Schlaf geschuldet.

Ein paar Stunden später sehe ich zum ersten Mal das Meer. "Grange-over-Sands" lese ich auf dem Bahnhofsschild. England zeigt sich in vornehmen Grau. Es regnet, die Wolken hängen tief. Alles wirkt ein wenig traurig und melancholisch, gleichzeitig aber auch irgendwie wohlig. Weiter gehts mit der Eisenbahn durch nordenglische Dörfer.

Die Zugfahrt vergrüble ich unsinnig mit mitgebrachten Jobthemen, gegen 7 komme ich in St. Bees an. Ich will schlau sein und gleich auf dem Weg zu meinem B&B im vermeintlich einzigen Lebensmittelgeschäft des Ortes Spiritus kaufen. Wohl eher unbewusst, denn tatsächlich nachgedacht habe ich darüber im Vorfeld nicht, setze ich dabei auf meine letztjährigen Erfahrungen in Italien. Ich bekam den Brennstoff in jedem Tante-Emma-Laden, denn die Leute verwenden ihn dort zum Putzen, aber hier: Nada. Die Dame im Shop macht mir wenig Hoffnung. Ich könne es in Whitby versuchen, sagt sie, aber die Erfolgsaussichten seien ungewiss. Okay, challenge accepted.

Beim Check-in im B&B versuche ich erneut, Bezugsquellen in Erfahrung zu bringen. Mein Gastgeber ist noch weniger zuversichtlich. Er bietet mir ganz lieb irgendwelchen Kram zum Sprühen an (steht Butan drauf), aber ich wüsste nicht, wie ich damit kochen soll, stattdessen sehe ich vielmehr vor meinem geistigen Auge, wie mir alles um die Ohren fliegt.

Auf der Suche nach einem Abendessen stolpere ich straight away gegenüber von meiner Unterkunft in den ersten Pub meiner Reise. Draußen verkündet ein Schild "Sunday Evening Country Music". Etwas unsicher betrete ich die Lokalität und erzeuge als Fremde natürlich deutlich Aufmerksamkeit, zumindest nach meiner Wahrnehmung. Es wirkt alles sehr heimelig, viel Teppich, alle scheinen sich zu kennen.

Ein älterer Mann erklärt mir mit nordenglischem Dialekt (another challenge), dass es hier nichts zu essen gibt. Er schickt mich freundlich downtown zu einem Pub namens "Manor".

Dort versuche ich erneut, über verschiedene Kanäle des weltweiten Netzes Unterstützung hinsichtlich meines Brennstoff-Problems zu finden. Aber hey, meistens werde ich abends im Pub essen und sollte dies das ein oder andere Mal nicht möglich sein, gibts Brot und Käse.

Ein weißes Gebäude mit Blumenkästen und dem Schriftzug Manor, davor sitzen Menschen an Holzbänken.

Der Abend geht stimmungsvoll an dem Ort zu Ende, an dem er begann. Nach zwei Ale traue ich mich neugierig in den heimeligen Pub zurück. Ein paar ältere Herrschaften aus dem Dorf sitzen inzwischen zusammen und musizieren, was ihnen gerade so in den Sinn kommt. Man beäugt mich erneut, aber ich glaube, sie freuen sich, dass eine Fremde zuhört. Die ganze Atmosphäre ist ganz reizend.

Blick auf Weiden und Hügeln bei Sonnenuntergang, im Vordergund ein Holzzaun, in der Ferne das Meer.

Später, zurück in meinem B&B, schlafe ich ganz beseelt ein — beglückt von den Eindrücken, um nicht zu sagen von meinem ersten kleinen Abenteuer.

Tag 1 — St. Bees — Ennerdale Bridge

Erster Tag in England. Erstes Full English Breakfast. Nicht ganz. Black Pudding, Würstchen und Bacon bestelle ich fürs Erste ab. Es bleiben: Spiegeleier, Baked Beans, geschmorte Tomaten, Brown Toast und Butter.

TourenprofilSt. Bees — Ennerdale Bridge

Distanz
24,9 km
Dauer
8:30 h
Bergauf
630 m
Bergab
540 m

Höhenprofil

Tiefster Punkt
140 m
Höchster Punkt
340 m

Außer mir sitzt noch ein freundlicher Engländer in dem stilechten englischen Frühstücksraum. Er ist mit einem Moped unterwegs. Wir kommen sehr schnell ins Gespräch und ich freue mich über den netten Kontakt. Er kennt die Gegend gut und schwärmt von der Schönheit der Yorkshire Dales, einem Nationalpark, den ich erst in ein paar Tagen erwandern werde.

Als ich aufbrechen will, ist der Gastgeber nicht aufzufinden. Mangels Kleingeld kann ich nur so gut es geht Geld für das Frühstück dalassen. Schnell noch Wasser, Brot und Käse kaufen und nun mit einem dann leider nicht mehr ganz so leichten Rucksack vorliebnehmen. Better safe than sorry.

Der Weg an der Küste entlang ist wunderschön. Allerdings wird mir schnell bewusst, dass ich nicht ganz so flink vorankomme. 15 Meilen mit einem "Berg" in der Mitte zwitschere ich nicht mal so eben daher. 24,9 km und 8 bis 8:30 Stunden sollten mich heute erwarten.

Strand mit rotem Rettungsring an einem Holzpfeiler, Holzbohlen blauem Himmel

Eine leichte Nervosität angesichts des ersten Wandertages (und der Länge desselben) mag mich von der Tradition abgehalten haben, am offiziellen Startpunkt des Weges entweder die Füße in die Irische See zu tauchen und / oder einen "pebble" (Kieselstein) einzusammeln. Nach alter Sitte trägt man diesen während des Spaziergangs in der Hosentasche über die Insel und wirft ihn in einer Abschlusszeremonie bei Ankunft in Robin Hood's Bay in die englische Nordsee. Entsprechendes mit Füßen und Wasser. Keine unnötigen Extrameilen am ersten Tag, auch wenn ich später mit Sicherheit von irgendwem Schelte kriege.

Ein Weg entlang der Küste, hügelige Graslandschaft mit vereinzelt grasenden Schafen, blauer Himmel
Erster Höhepunkt (im wahrsten Sinne des Wortes) ist Dent Fell mit 352 m. Die Höhe des Dent ist nicht exorbitant, aber aufgrund seiner exponierten Lage soll die Aussicht ganz gut sein. Außerdem betrete ich ab dort den Lake District.

Bevor ich den Berg angehen kann, verhindert ein ungutes Schild und Stacheldraht das Weiterkommen: privates Wegerecht. Das Schild (vielmehr ein mäßiger Tintenstrahlausdruck eines Kartenausschnitts in einer Plastikhülle) verweist nur schwer erkennbar auf eine Alternative. Ich bemühe mein Telefon und finde dort einen Weg sowie kurz darauf einen zugehörigen Farmer, welcher umso netter ist. Nur der nordenglische Dialekt macht mir wieder ernsthaft zu schaffen. Ich checke nicht genau, wo er mich hinschickt, das entscheidende englische Wort für "Stiege" war bislang nicht Teil meines Wortschatzes.

Der liebenswürdige Farmer beobachtet mein Irren aus der Ferne. Das ist mir zwar etwas unangenehm, aber dankenswerterweise gibt er nicht auf. Er versucht mich auf den richtigen Weg zu winken und lässt mich dann (vermutlich aus Verzweiflung) einfach über seinen Hof spazieren. Ich kapiere einfach nicht recht, wo ich lang gehen soll, und er hat ja sicher auch noch anderes zu tun.

Nun endlich geht es Richtung Dent. Der Anstieg ist machbar. Langsam (vor allem oben) sieht man die ersten Berge der Lakelands. Wow.

Zwei kegelförmig aufgeschichtete Steinhaufen auf einem grasbewachsener Anhöhe

Der mühsame, steinige Abstieg belohnt mich am Ende mit dem bezaubernden Nannycatch-Tal. Später lese ich, der Abstieg soll der Steilste der ganzen Wanderung sein. Ich überhole im Tal eine amerikanische Wanderclique und komme in time an.

Leider steht die öffentliche Dusche nur zu den Öffnungszeiten des Community Cafés in Ennerdale zur Verfügung und die Dame im Gasthaus ist etwas ruppig. Ich widerstehe der Versuchung, mir ein Zimmer für die Nacht zu nehmen, und baue im Garten des Pubs zum ersten Mal mein Zelt auf. Körperpflege wird heute und morgen eher spärlich ausfallen. Who cares.

Ich sitze noch ein Weilchen in der Abendsonne und beobachte, wie die US-Clique von einem Taxi abgeholt und in ein anderes B&B gebracht wird. Wenig später kommt ein weiterer Hiker der Sorte 3-fach Etappe an. Auch hier wieder keine Spur von BBC-Englisch. Der junge Mann aus den Midlands zieht nach dem Abendessen weiter, um am Ennerdale Lake zu zelten.

Weißes Zelt im Garten eines Pubs

Zum Einschlafen abwechselnd Bachplätschern und unbekannte Vogelgeräusche.

Tag 2 — Ennerdale Bridge — Dubs Hut

Ich habe Strom und kann in mein Telefon tippen. Was für ein Luxus. Ich bin durchaus hart im Nehmen, aber nach 7 Stunden Dauerregen und so viel Wasser in den Schuhen, dass sie bei jedem Schritt regelrecht schmatzen und dann noch eine feuchte, kalte Berghütte …

TourenprofilEnnerdale Bridge — Dubs Hut

Distanz
17,7 km
Dauer
6:30 h
Bergauf
550 m
Bergab
190 m

Höhenprofil

Tiefster Punkt
110 m
Höchster Punkt
570 m

Aber so weit sind wir noch nicht. Let 's start from the beginning: Nach einem einfachen Frühstück (Camper bekommen nur ein Café to go und ein "roll with cheese" — also ein Käsebrötchen) geht es Richtung Ennerdale Water und dann bei strömendem Regen am südlichen Seeufer entlang. Alle Guidebooks sagen, bei Regen soll man das Nordufer nehmen. Nun, man kann sich ja nicht alles merken.

Es ist relativ schnell klar, dass ich heute nicht die High Route (eine Alternative über Red Pike) gehen werde. Bei dem Wetter macht das keinen Sinn.

Am See treffe ich ein paar Neuseeländerinnen, die auch auf dem Coast to Coast unterwegs sind. Man tauscht sich kurz aus, Woher, wohin, wie weit und so weiter. Die vier wollten heute noch bis Rosthwaite, also ein paar Kilometer weiter als ich.

Blick auf den Ennerdale Lake bei trübem Wetter, ein Steg im Vordergrund

An einer unübersichtlichen Stelle (es geht die ganze Zeit schon steinig auf und ab) mache ich es mir einfach und schleiche der Gruppe hinterher. Es ist ziemlich steil und kraxelig. Für ein paar Schritte muss ich mich ordentlich konzentrieren und teilweise die Hände und sicherheitshalber auch den Popo zuhilfe nehmen. Geschafft. Ich schaue nach rechts und sehe, dass es auch einen einfacheren, weniger absturzgefährdeten Weg "obenrum" gegeben hätte. Ich will nicht wissen, wer hier alles falsch geht.

Hügelige nordenglische Landschaft, im Hintergrund ein kleines Nadelwäldchen, Nebel

Eine große Erleichterung stellt sich ein, als ein paar Stunden später ein Schild die Jugendherberge von Ennerdale ankündigt. Eine kleine Pause im Trockenen und eine Tasse heißen Tee. Die Neuseeländerinnen kehren hier auch für eine Rast ein, außerdem ein freundliches Ehepaar aus der Gegend. Ich unterhalte mich sehr nett mit Anthony und seiner Frau. Die Frau behauptet ganz stolz von sich: "I am a Socialist."

Ich hadere, ob ich nicht einfach bleiben und die Nacht in der Herberge verbringen soll. Der Regen macht mich ganz schön mürbe. Mein Ziel ist eigentlich eine in der Höhe liegende, einsame, unbewirtschaftete Berghütte, welche man auch als "Bothy" bezeichnet. Will ich da oben wirklich allein übernachten? Bei dem Wetter? Die beiden Locals ermutigen mich, weiterzugehen, sie kennen die Hütte.

In der nächsten sehr schön gelegenen Herberge, Black Sail kommen mir erneut Zweifel. Wieder entscheide ich mich gegen die Übernachtung in der Behausung. Die Herberge ist zwar hübsch und heimelig, aber die Jungs, die in der Stube sitzen, sind etwas spröde. Nach einem Tee geht's also wieder weiter. Ein paar Tage später erfahre ich, Black Sail sei eh schon Jahre im Voraus ausgebucht. Na denn.

Die Strecke hoch zu Dubs Hut ist trotz des Wetters großartig. So, wie man sich die Lakes vorstellt. Sehr windig, neblig, grün, grün, grün. Ich brauche viel länger als gedacht. Der Weg ist nicht immer offensichtlichm und so muss ich ständig auf mein Navi gucken.

Blick ins Tal auf einen von Bergen umgebenen See, der Himmel ist wolkenverhangen

Oben angekommen bin ich bei dem Anblick eines feuchten, müffelnden Hüttenraums nicht ganz so enthusiastisch. Kalt ist es auch. Egal, schnell aus den nassen Sachen und in den warmen Schlafsack. Zumindest für ein paar Stunden, denn klar ist, hier trocknet nichts. Morgen muss ich wohl wieder in die nassen Schuhe steigen. Ein leises Hoffen auf Sonne ist das Einzige, was einem in so einer Situation bleibt. Außerdem die Vorfreude auf eine schöne, trockene Unterkunft in der folgenden Nacht. Gute Entscheidung.

Eine alleinstehende Berghütte aus grauem Stein

Dass der Steinfußboden so feucht ist, liegt zumindest nicht am Dach. Das Schieferdach der ehemaligen Bergbauhütte ist kürzlich erst erneuert worden und sieht tipptopp aus.

Der Innenraum der Berghütte mit einem feuchten Steinfußboden und zwei Holzpodesten zum Schlafen

Als ich wenig später die Augen zumache, stürmt es draußen gewaltig, ich liege jedoch warm in meinem Schlafsack. Gut, dass ich doch noch meine Daunenjacke eingepackt habe. Die Matte wärmt von unten. Ein Lob auf das fancy Outdoor-Zeugs (also doch).

Tag 3 — Dubs Hut — Rosthwaite

12 Stunden habe ich in Dubs Hut geschlafen! Morgens schräg geträumt, aber der stürmischen Nacht getrotzt. Erwartet hätte ich eher, dass ich in aller Früh aufwache und bei den ersten Anzeichen von Licht versuche, hier wegzukommen.

TourenprofilDubs Hut — Rosthwaite

Distanz
6,7 km
Dauer
2:30 h
Bergauf
50 m
Bergab
430 m

Höhenprofil

Tiefster Punkt
90 m
Höchster Punkt
520 m

Als ich zusammenpacke und ein kleines Frühstück zu mir nehme, denke ich ein wenig mit Stolz an die letzten 24 Stunden. Letztendlich geht's dann doch immer irgendwie, Wind und Wetter hin oder her. Gut, dass ich hier übernachtet habe. I will not forget! Allerdings bin ich auch nicht ganz unglücklich, dass ich mir heute nur eine kurze Etappe vorgenommen habe. Es erwartet mich das Scafell Hotel in Rosthwaite und ein entspannter Nachmittag. In Rosthwaite kann alles trocknen und ich freue mich auf eine heiße Dusche.

Bevor ich aufbreche, muss ich jedoch zuerst in die nassen Wanderschuhe steigen. Nicht zu vergessen, die nassen Socken, denn trockene Socken zu vergeuden, das lohnt nicht.

Ruine einer Steinhütte mit Wanderweg

Vom Steinbruch (wo sich die Bergwerkshütte befindet) führt für ungefähr eine Meile ein schnurgerader Wanderweg (eine ehemalige Bahnstrecke) zum Honister Pass beziehungsweise der Honister Slate Mine (ich glaube, es fuhr hier mal eine Schmalspur-Lokomotive). Honister Slate Mine ist die letzte in Betrieb befindliche Schiefermine in England (und eine Touristen-Attraktion). Auf halber Strecke findet man die Überreste von Drum House, dem einstigen Förderhaus für die Bergbaukarren. Tatsächlich wusste ich das alles vor Ort gar nicht, erst bei der Nachbearbeitung für diesen Text lese ich darüber. Ein Stück Industrie-Kultur!

Wanderweg durch grüne Vegetation in den Bergen

Im Ausflugscafé der Schiefermine hole ich in aller Ruhe den versäumten Morgen-Kaffee nach (denn ohne Spiritus kein Kaffee). Ich wärme mich ordentlich auf und verbummle ein wenig die Zeit. Heute Schongang. Noch 1- 2 Stunden Fußmarsch durch nette, kleine Ortschaften und ich bin in Rosthwaite.

Eine nasse Straße führt bergab an einem Haus vorbei, rundherum viele Laubbäume im Hintergrund Berge

Es wird ein ruhiger Nachmittag: Tee trinken, durch den Ort flanieren. Lediglich gestört wird er durch meinen immer wiederkehrenden Drang, die nächsten Tage durchzuplanen, nicht zuletzt aufgrund der schlechten Wetteraussichten. Freitag soll's wieder schütten. Eigentlich wollte ich Freitag am Angle Tarn (See) zelten, aber ich lese von Regen, Wind und starken Böen ("the weather ist back to normal" so die Aussage der Locals. Die Wochen zuvor war es sehr sonnig und warm). Hm. Morgen steht noch ein weiterer See (bei besserem Wetter) auf dem Programm, Grisdale Tarn. Er liegt relativ hoch und es verspricht eine lange Etappe zu werden, zumal ich heute nicht so weit gekommen bin wie zu Hause geplant. Heute will ich jedoch erstmal die Badewanne im Scafell Hotel genießen.

Weide mit Rindern, tiefnängende Wolken über den Hügeln im Hintergrund

Ach ja, seit Rosthwaite und dank Social Media weiß ich nun auch, was ich suche: Methylated Spirit! So heißt das in Britain.

Screenshot einer Webseite, 6 kleine lila Flaschen mit dunkelrotem Etikett

Tag 4 — Rosthwaite — Grasmere

Ich muss im Vorfeld einer Tour immer einen ordentlichen Plan schmieden. Es macht mir einerseits Spaß, mich mit der Tour zu beschäftigen, andererseits gibt es mir Sicherheit. Der Plan hätte für gestern gelautet, nicht in Rosthwaite zu übernachten, sondern ein paar Kilometer weiter an einem Bach zu zelten. Das sollte mir ermöglichen, heute bis Grisdale Tarn zu gehen. Grisdale Tarn ist ein See oberhalb von Grasmere. Bei schönem Wetter klingt das sehr verheißungsvoll. Tja, mal sehen. Viel wild gezeltet habe ich in meiner Wanderkarriere noch nicht. Der Lake District schien mir eine gute Gegend zu sein, um mich etwas auszuprobieren.

TourenprofilRosthwaite — Grasmere

Distanz
14,4 km
Dauer
5:40 h
Bergauf
600 m
Bergab
620 m

Höhenprofil

Tiefster Punkt
80 m
Höchster Punkt
610 m

Das Wetter ist heute besser, eine gute Gelegenheit also, endlich einmal die High Route zu gehen. Eine feine Variante, die über einen Grat (oder Kamm?) an vier Gipfeln vorbeiführt, um dann steil ins Dorf Grasmere abzusteigen. Überhaupt soll der Tag heute zu den Lakeland-Klassikern gehören und einer der Höhepunkte der Tour sein.

Ein Bach fließt durch ein Tal im nordenglischen Hochland

Das erste Stück Weg verläuft ganz idyllisch an einem Bach entlang. Er führt hoch hinauf am Lining Craig vorbei und zum höchsten Punkt, Greenup Edge auf ca. 600 m. Auf dem Weg begegnet mir ein älterer Mann mit seinem Hund namens Max (auf Englisch "Mäx"). Wir tauschen uns kurz aus, dann zieht an mir vorbei mit den Worten "slow and steady, slow and steady".

Ein Weg führt neben einem Bergbach den Berg hinauf

Auf den letzten 20 Minuten, bevor ich dem höchsten Punkt erreiche, treffe ich auf eine ebenfalls ältere Dame, eine Dänin, mit der ich gemeinsam die letzten Meter des mittlerweile nicht mehr sehr offensichtlichen Weges bezwinge. Oben winkt uns der Engländer zu. Ich bin nicht unglücklich, dass ich der Dänin mehr oder weniger hinterher steigen kann, denn der Weg ist anstrengend und nicht ganz einfach. Wir machen alle drei zusammen Pause und plaudern ein wenig.

Ich habe den Eindruck, dass sich die Dänin nicht ganz so wohlfühlt. Gestern oder vorgestern hat sie sich verlaufen und (vielleicht auch wegen des Wetters) ein "Cab" gerufen. Ich hoffe, sie lässt sich von anfänglichen Schwierigkeiten nicht unterkriegen. Die beiden brechen vor mir auf und wollen angesichts des befürchteten steilen Abstiegs nicht die High Route nehmen.

Ich bleibe bei meiner Entscheidung und genieße in den kommenden Stunden die grandiosen Aussichten.

Ein Bach fließt duch ein abgelegenes einsames Hochtal, das sich in unterschiedlichen Grünschattierungen darstellt

Doug, der Engländer, ist auch mit Zelt unterwegs und wird auf der Zeltwiese des Youth Hostels in Grasmere übernachten. Am 5. Tag meiner Reise, mit noch nicht soo viel Kontakt am Abend, habe ich Lust auf Gesellschaft. Andererseits hatte ich mir auch vorgenommen, am See zu zelten. Ein solches Hin- und Her gerissen sein zwischen Gesprächen am Abend und stillem Zelten an möglicherweise schönen Spots kenne ich schon von früheren Touren.

Ich hadere also, während ich nach Grasmere absteige. Morgen soll das Wetter wieder schlechter werden. Es ist schon recht spät. Wie weit ist es wohl noch bis zum See? Bestimmt sind es noch anstrengende 2 Stunden bergauf usw. usw.

Aussicht aus der Höhe, in der Ferne ein kleiner See

In Grasmere angekommen, bringe ich in Erfahrung, dass ich den letzten der 5 (?) Zeltplätze auf der Wiese des Hostels bekommen könnte. Die Abendsonne scheint, die Wiese sieht gut aus und ich habe Lust, den Ort zu erkunden. Ich bleibe also hier. Ich fühle mich zwar ein bisschen schlecht, weil ich eingeknickt bin, aber nu isses so. Was soll's. Spoiler: Am nächsten Tag werde ich noch froh sein über meine Entscheidung.

Nachdem ich das Zelt aufgebaut habe, spaziere ich in das belebte, etwas touristische, aber hübsche Dorf, unter anderem, um in den Geschäften nach der lila Flasche zu fragen. Ohne Erfolg.

Später treffe ich auf dem Zeltplatz neben Doug (und Mäx) noch einen weiteren Coast to Coaster namens Mike. Er kommt aus Wales, hat einen "accent", is klar. Dazu kommt, dass er sooo leise und nuschelig spricht, dass ich mich in der Kommunikation meist auf ein "yes" oder "sorry?" beschränken muss.

Tag 5 — Grasmere — Patterdale

Der Regen plätschert bereits in der Früh auf mein Zelt. Ich packe schon mal ein, denn ich will bald los. Leider hat der Dining Room in der Jugendherberge noch nicht offen. Macht nix. Ich checke nochmal die Optionen: Wetter, wo heute Abend schlafen, welche Route …

TourenprofilGrasmere — Patterdale

Distanz
13,7 km
Dauer
5:50 h
Bergauf
630 m
Bergab
550 m

Höhenprofil

Tiefster Punkt
80 m
Höchster Punkt
680 m

Angesichts des erwarteten Dauerregens entscheide ich konservativ: Hostel mit Bonus Trockenraum sowie Low Route.

Glücklicherweise hat mir Nico gestern Abend seinen Track geschickt, und ich muss jetzt nicht noch umplanen. Er ist die Tour letztes Jahr gegangen und wir hatten uns bereits ab und an ausgetauscht. Ursprünglich hatte ich die High Route über Sunday Craig im Sinn.

Ein Steinhaus aus grauem Stein mit einem weißen Erker, umgeben von Bäumen, dahinter ein Berg

Auf dem Weg hoch zum Grisdale Tarn ist das Wetter bereits recht ungemütlich. Gut, dass ich gestern nicht aufgestiegen bin. Langsam, aber sicher formieren sich diese Gedanken zu der (möglicherweise leicht übertriebenen) Überzeugung: Das hättest du nicht überlebt!

Ein Weg führt duch viel grün den Berg hoch, zwei Schafe mit braunem Fell stehen am Wegesrand und schauen neugierig Weg führt an einem See entlang, es ist neblig und regnerisch, die Sicht ist schlecht

Als ich gegen 10:30 Uhr am höchsten Punkt (Grisdale House) ankomme, sind Wind und Regen so krass, dass ich vermutlich – hätte ich da oben gezeltet – nach dem Aufwachen den ganzen Tag regungslos im Zelt hätte verbringen müssen. Spätestens beim Abbau wäre mir alles um die Ohren geflogen. Ich überlege, ob da drüben im Nebel in dem grünen Zelt ein Mensch liegt und ob es ihm genau so geht, wie ich es befürchte. Aus der Ferne sieht jedoch alles stabil und friedlich aus.

Der Beginn des Abstiegs ist aufgrund des Windes ziemlich mühsam. Ich muss mächtig gegen Wind und Böen ankämpfen. Ein Ausrutscher auf dem steinigen, schlechten Weg, eine Pirouette – gerade nochmal gut gegangen. Etwas tiefer, ich glaube, ab Ruthwaite Lodge (eine verschlossene Hütte), wird es besser und im Tal ist es zwar nicht trocken, aber windstill und landschaftlich extrem hübsch.

Blick in ein Tal, in der Bildmitte eine Holzbrücke, das Wetter ist sehr neblig Ein Wanderweg schlängelt sich durch grasbewachsene, hügelige Landschaft, in der Bildmitte eine Ansammlung von Bäumen

Für Patterdale verspricht mein Guidebook einen Shop, der heiße Getränke und verschiedene Snacks anbietet. Aber nix da, ich sehe lediglich etwas, das vor zig Jahren ein Shop hätte sein können.

Leicht enttäuscht gehe ich in den White Lion, ein ziemlich muffiger Pub, den man gleichwohl oder deshalb auch sehr originell finden kann (depends.) Da er (überraschenderweise) gut besucht ist und ich früh dran bin, bleibe ich. Zumal an solchen Orten die Wahrscheinlichkeit hoch ist, etwas zu erleben. Ich trinke ein halbes Pint und beobachte die Locals. Wettertechnisch wäre eher ein heißer Tee angesagt, aber atmosphärisch passe ich mich bei der Wahl meines Getränks dem Publikum an.

Der Innenraum eines Pubs mit einer fast lebensgroße Holzfigur in Form eines Löwen mit geöffnetem Maul

Ich überlege, ob ich noch nach Glenridding (Shop, Spritus ...) oder direkt zur Herberge laufe. Wenn ich dort erstmal die Schuhe ausgezogen habe, zieh ich sie heute bestimmt nicht mehr an.

Während ich meinen Gedanken so nachhänge, kommen zwei Wander-Ladies in den Pub. Sie wirken sympathisch, etwas älter als ich, aber gut auf Zack. Ich beobachte, wie sie kurz mit dem Wirt sprechen. Nach etwas Hin und Her, ziehen sie wieder weiter. Es scheint, als ob sie einen Platz für die Nacht suchten, der Ort und / oder Wirt jedoch unzureichend vertrauenswürdig ist. Ich treffe die Damen später mehrmals wieder und der Weiße Löwe wird irgendwie zum Running Gag (ohne, dass ich die Geschichte dazu in Gänze erfahren oder verstanden hätte).

In der Jugendherberge treffe ich Doug (und Mäx), Mike und die beiden (neuseeländischen) Ladies aus dem Weißen Löwen wieder, am nächsten Morgen noch zwei weitere Jungs aus Yorkshire. Dies sollte meine Bezugsgruppe für die nächsten Tage, vielmehr Abende, werden.

Tag 6 — Patterdale — Shap

Der heutige Tag wird lang und anstrengend. Die zu erwartenden 26 km sowie fast 900 m bergauf und 800 m bergab lassen nichts anderes vermuten. "Be prepared to feel very tired at the end of this stage", sagt das Guidebook. Alles klar, bin prepared.

TourenprofilPatterdale — Shap

Distanz
25,8 km
Dauer
8:15 h
Bergauf
880 m
Bergab
780 m

Höhenprofil

Tiefster Punkt
160 m
Höchster Punkt
780 m

Um 7 Uhr geht's los, fürs Erste hoch zum Angle Tarn. Machbar. Dann kommt der andere Huckel, Kidsey Pike, höchster Punkt der Wanderung (780 m). Eigentlich auch okay. Lediglich der steile, steinige Pfad durch die Felsklippen zum Haweswater Reservoir ist recht mühsam.

Berghang, dicht bewachsen mit Efeu, Blick in die umliegenden Berge Weg durch die Berge, das Gras ist von der Sonne leicht gelblich Aus einer leicht erhöhten Position Blick auf einen Bergesee Blick auf eine Bergspitze, Der Bergsee klein in der Bildmitte

Kurz bevor ich unten bin, kommt mir eine Jugendgruppe entgegen. Das letzte Mädel wurde ordentlich abgehängt und scheint sich mächtig zu quälen. Und das in dem Alter und bei der zu erwartenden Gruppendynamik, vermutlich kein Spaß.

Doug erzählt mir später vom "Duke of Edinborough's Award", eine Art Selbstfindungschallenge für Jugendliche (…completing a series of self-improvement exercises modelled on Kurt Hahn's solutions to his "Six Declines of Modern Youth", Quelle: Wikipedia). Ich bin nicht sicher, was ich davon halten soll.

Das folgende Stück am Stausee entlang ist aufgrund seiner Länge und der geforderten Ausdauer einigermaßen berüchtigt. Die Begegnung mit Doug und Mäx sorgt für etwas Unterhaltung. Habe ich Mäx schon vorgestellt? Mäx ist ein reizender "Tibetan Terrier" mit langen schwarzen und weißen zotteligen Haaren. Sein Wohlbefinden kommentiert Doug meist mit den Worten "Oh, he is bouncing again, that's good". Man stelle sich dabei einen mittelgroßen Hund vor, der fröhlich wippend daher trottet. Wenn er das nicht tut, weiß er sich optimal zu regenerieren. Er legt sich einfach hin, schläft, lässt sich streicheln und kraulen, ist aber beim nächsten "Let's go Mäx" sofort wieder am Start.

Läuft Mäx direkt vor mir, bleibt er gerne mal plötzlich stehen. Er guckt, ob alle (wohl hauptsächlich sein Herrchen) mitkommen. Wenn ich nicht immer mal wieder über den Hund stolpern will, müssen wir Mäx in die Mitte nehmen und ich laufe besser vorne.

Im Laufe des Tages denke ich immer mal wieder an den Nürnberger denken. Letztes Jahr kam er erst um 21 Uhr in Shap an, ist aber sicher viel später losgegangen. Er berichtete, dass der Garten des Pubs in Shap klein sei und nur wenigen Zelten Platz bietet. Aufgrund dieser Information habe ich vorsorglich am Vorabend im Pub angerufen. Das war jedoch semi-hilfreich. Ich habe die Antwort, das Genuschel und den Slang des älteren, grummeligen Wirts einfach mal überhaupt nicht verstanden. Naja ich denke, zumindest er wird er mich verstanden. Sicherheitshalber will ich aber dennoch schneller sein als die Yorkshire Jungs. Da ich mindestens an einer Stelle kurz falsch gehe und hin und wieder etwas desorientiert bin, gelingt mir das nicht.

Insbesondere gegen Ende der Etappe, wo es viele Weiden und Wiesen zu überqueren gilt, ist die Orientierung nicht ganz einfach. Markierungen sind eher spärlich vorhanden. Ich bin echt froh um mein Garmin. Das letzte Viertel der Strecke zieht sich enorm.

Pub mit einer kleinen Grünfläche, auf der ein grünes Tunnelzelt und ein weißes halb geöffnetes Zelt steht

Nach einer zehnstündigen Wanderung ohne viele oder gar lange Pausen, dafür aber mit dem ein oder anderen Umweg, komme ich in Shap an. Meine Beine fühlen sich nicht mehr sehr stabil an. Der Pub ist etwas runtergerockt, der Wirt jedoch ganz witzig. Doug und Mike rollen Matte und Schlafsack in sogenannten Pods aus, das sind Shelter, die aussehen wie überdimensionierte Hundehütten. Die Yorkshire Jungs und ich werden in Zelten schlafen. Als ich ankomme, arbeiten die Jungs bereits an ihrer Behausung. Bewährprobe für mein Aeon Li: Selbst in Anwesenheit (und vermeintlicher Beobachtung der Jungs) baue ich mein neues Tarptent gaaanz läääässsig und ohne nervösen Puls auf. Tschaka!

Zum Abschluss des Tages gehen wir alle zusammen in die erste (und einzige) richtige Fish & Chips Bude der Reise: Shap CHIPPY. Ich lerne, dass man eine spezielle Lizens benötigt, um Alkohol ausschenken zu dürfen. Also gibts heute eine Fanta zum Abendbrot.

Tag 7 — Shap — Orton

Die Nacht war nicht soo cool, beißende Kopfschmerzen und wenig Schlaf. Glücklicherweise hab ich für heute einen halben Ruhetag geplant. Nach Orton sind es nur 8 Meilen. Bis zum offiziellen Etappenziel nach Kirkbey Stephen wären es 20½ Meilen (33 km, mindestens 7 Stunden). Das wollte ich mir heute nicht gleich noch einmal geben.

TourenprofilShap — Orton

Distanz
11,2 km
Dauer
3:00 h
Bergauf
170 m
Bergab
190 m

Höhenprofil

Tiefster Punkt
240 m
Höchster Punkt
350 m

Die Landschaft verändert sich. Keine Lakeland-Hügeln mehr, dafür viel weites Grün. Ich gehe über Crosby Ravensworth Fell gemütlich nach Orton und genieße die plötzliche Weite der Landschaft.

In Orten übernachte ich wieder im Garten eines "Inns". Kurz nach der Ankunft steht als Erstes ein Mittagsschläfchen auf dem Plan, den Nachmittag verbringe ich in der Gaststube. Ich schreibe ein wenig und unterhalte mich mit den Locals. Ein älterer Mann setzt sich kurz zu mir und erzählt stolz von seinem Leben und seiner Tätigkeit als Ingenieur im Motorsport. Insbesondere in Schweden war er einst anscheinend eine bekannte Person. Er erklärt mir, wie man die Abläufe aus der Natur auf die Entwicklung von Fahrzeugen übertragen kann. Ich kapiere nur die Hälfte, habe aber trotzdem Spaß.

Weglose Weidefläche, der Himmel ist grau Ein Steinmäuerchen, Steinstufen ermöglichen die Überquerung, ein Wegweiser aus Holz zeigt in die Ferne

Gegen Abend kommen noch ein paar Coast to Coaster in die Gaststube, unter anderem auch die "Kiwis" (wie sich die Neuseeländerinnen selbst bezeichnen).

DAS Thema, das bei fast allen anwesenden Hikern an diesem Sonntagnachmittag im Mittelpunkt steht, ist der Weg nach Keld am übernächsten Tag. Ich lese im Guidebook, dass man in diesem sumpfigen Gebiet knietief einsinken kann. Es wird berichtet, dass der ein oder andere Mensch auch schon mal seinen Schuh dabei verloren hat. Bridget und Allison (die Neuseeländerinnen) überlegen die Etappe zu skippen, doch ich will gehen (obgleich auch mich die Dynamik offensichtlich angesteckt hat).

Interessant finde ich, was Allison von dem Gespräch mit einem Local erzählt. Sie berichtet, dass seiner Aussage nach die oftmals spärliche Markierung kein Zufall sei. Ich überlege, ob das in Zusammenhang mit Wainwrights Idee steht, dass jede und jeder gerne den eigenen Weg finden möge, denn sein Vorschlag ist nur "a" Coast to Coast Walk und nicht "the" (one and only) Coast to Coast Walk. Aber ich glaube nicht wirklich, dass es damit zusammenhängt.

Tag 8 — Orton — Kirkby Stephen

Ich wache wieder einmal bei Regen auf. Immerhin gibt es in dem netten Pub einen Kaffee und ein Sandwich für den Weg. Ich spreche noch kurz mit den beiden Neuseeländerinnen und breche auf.

TourenprofilOrton — Kirkby Stephen

Distanz
19,6 km
Dauer
6:30 h
Bergauf
270 m
Bergab
320 m

Höhenprofil

Tiefster Punkt
180 m
Höchster Punkt
340 m

Gleich zum Start gehe ich unfreiwillig einen Umweg, denn der Weg, den ich gehen will und gemäß Track gehen soll, ist zugewuchert, also zurück und zur Straße. Ich überlege, ob ich einfach auf der Straße bleibe oder noch einen Versuch starte, da winkt mich ein Autofahrer rüber zu einer Wiese. Okay, ich folge dem Hinweis und treffe alsbald Bridget und Allison auf dem Trail. Es ergibt sich, dass wir heute die Etappe gemeinsam gehen.

Weidefläche mit ein paar Schafe, schwarze Wolken hängen über dem Horizont

Die Strecke ist wunderschön, geprägt von weiten Hügeln und vielen Schafen. Ich bin freudig überrascht. Das Wetter ist auch gar nicht so schlecht. Dunkle Wolken wechseln sich immer wieder mit etwas Sonnenschein ab.

Aus erhöhter Position blick in ein Tal, ein Steinmäuerchen führt von link diagonal zur Bildmitte wo ein altes Steinhaus befindet Aus leicht erhöhter Posion Blick in ein Tal, ein Fluß mit einer alten Steinbrücke in der Bildmitte

Wir sind ziemlich flott dabei und kommen gegen 2 Uhr mittags an. In dem Hostel, das ich ansteuere (eine ehemalige methodistische Kirche) ist niemand da. An der Tür klemmt jedoch ein Brief mit allen nötigen Informationen.

Ich nutze Zeit und Ruhe für große Wäsche. Als ich beim Abendessen im Black Bull sitze, kommen Doug und Mäx zufällig dazu. Die beiden übernachten auch im Hostel. Allerdings erreichte Doug schon sehr früh Kirkby Stephen. Nicht ganz freiwillig …

Ein olivgrünes Holzhäuschen, Picknickbänke stehen davor Blick in das Holzhäuschen. Ein Kühlschrank, ein Tisch mit Kuchen und Snacks. Kleine britische Flaggen schmücken den Raum

Mike, der mit uns in Shap gezeltet hat, ist vorgestern direkt nach Kirkkby Stephen gelaufen und hat in Sunbeggin Farm sein Portemonnaie vergessen. In dem Hüttchen man sich gegen Spende mit Tee und Snacks verköstigen.

Doug hat gestern das Portemonnaie gefunden. Er ist daraufhin heute um 6 Uhr mit der Hoffnung gestartet, Mike noch anzutreffen. Just in dem Moment, als Mike seine Karten sperren lassen wollte, kommt Doug zur Türe herein. Glück gehabt, würde ich sagen.

Tag 9 — Kirkby Stephen — Keld

Am Vorabend bekomme ich von Bridget eine Nachricht, dass die beiden heute die rote Route gehen. Wie bereits erwähnt, kursieren allerlei Geschichten, dass Menschen Schuhe verlieren oder knietief im Sumpf stecken bleiben. Auch der Nürnberger schrieb mir, dass er teilweise mit dem Trekking-Stock einen Meter tief eingesunken ist. Naja im Zweifel kann man umkehren und notfalls untenrum gehen.

TourenprofilKirkby Stephen — Keld

Distanz
18,8 km
Dauer
5:30 h
Bergauf
530 m
Bergab
380 m

Höhenprofil

Tiefster Punkt
170 m
Höchster Punkt
660 m

Ich beschließe, der Jahreszeit entsprechend und wie vorgeschrieben, auch die rote Route zu nehmen. Ich tausche mich mit den beiden Frauen über unsere Pläne aus und starte etwas früher. Es geht erstmal auf Nine Standards hoch und da bin ich tendenziell langsam(er). Wir werden uns dann sicher oben treffen.

Der Aufstieg klappt im Prinzip ganz gut, aber es ist richtig kalt, sehr windig und es regnet immer wieder. Mittlerweile habe ich mich schon daran gewöhnt. Oben auf Nine Standards holen mich Doug und Mäx ein, und wir gehen den Rest der Etappe zusammen. Die Neuseeländerinnen sind nicht zu sehen.

Höchster Punkt des Berges, auf einer verblichenen Grasfläche sind 5 kegelförmig aufgeschichtete Steintürme zu sehen, danbeben ein Wanderer mit Hund

Das nachfolgende sumpfige Stück Weg ist vergleichsweise harmlos, etwas abenteuerlich, macht aber auch Spaß, sich Stück für Stück vorzutasten. Jeder Schritt wird zuerst mit dem Wanderstock abgesichert.

Sumpfige Landschaft, ein Hund ist von hinten in der Bildmitte zu sehen und sucht sich seinen Weg

Nächster Höhepunkt sollte Ravenseat sein. Aus verschiedenen Quellen erreichte mich die Information, dass die Farmlady dort köstlichen Cream Tea serviert. Ich freue mich wie Bolle darauf. Mein erster Cream Tea! Leider ist Ravenseat geschlossen. Es bleibt selbst gekochter Tea und mitgebrachtes Proviant. Na gut. Doug versorgt mich freundlicherweiße mit heißem Wasser.

An der Picknickstelle lernen wir ein englisches Pärchen kennen, das crazy Caravan-A-To-B-To-A-Hiking praktiziert. Das geht wie folgt:

  1. Mit dem Caravan von A → B
  2. Fahrrad bei B parken
  3. Wieder zurück von B → A fahren
  4. Caravan bei A parken
  5. Von A → B wandern
  6. Mann nimmt bei B das Fahrrad, fährt von B → A und holt den Van

Roger. Wir nennen die beiden in den folgenden Tagen nur noch "the A to B couple".

eine alte Steinmauer, dahinter zwischen den Hügeln ein kleines Dörfchen, die Häuser sind ebenfalls aus grauem Stein gebaut Aus erhöhter Position Blick auf grüne Hügel mit einem einzelnes weißes Zelt, davor führt ein Weg vorbei

Der Campingplatz in Keld ist sehr schön. Ein paar Geashügel mit flachen Stellen und zwei Zeltwiesen am Fluss. Die gilt es jedoch zu vermeiden, wenn man nicht wahlweise Midges oder Moskitos zum Fraß vorgeworfen werden will. Es gibt einen netten Shop, der Tee, Kaffee, Kuchen und das Übliche anbietet. Aus Routine frage ich nach Spiritus und welch unfassbare Freude, die Dame weiß was ich will. Sie hat nur leider den Rest, den sie noch hatte, einem anderen Camper gegeben. Ich freue mich trotzdem. Morgen sollte ich was in Reeth in der Post Office (oder im Bike Shop) kriegen. Hm, aber lohnt sich das noch? Egal, irgendwie ist die Spiritus-Challenge jetzt schon zum Betriebssport geworden.

Fürs Abendessen hilft mir Doug mit seinem Gaskocher aus. Im Gegenzug spendiere ich ihm ein Wainwright (Ale).

Blick aus einem Zelt, vor dem Zelt liegt ein zotteliger schwarz-weißer Hund

Wir amüsieren uns beim Essen über die drei jungen amerikanischen Mädels, die auch den Trail gehen. Eine der Mädels schleppt 25 kg. Aber das hält sie nicht lange durch. Schon nach der ersten Etappe muss der Sherpa-Bus das Gepäck tragen (und das für richtig viel Geld).

Die Mädels seien etwas "over the top", sagt Doug. Dummerweise haben sie ihr Zelt neben meins gestellt und giggeln die halbe Nacht, well …

Tag 10 — Keld — Reeth

Ich wache um 6:30 Uhr auf. Doug ist bereits busy und baut sein Zelt ab. Ich fange langsam auch an und freue mich, dass Mäx mir dabei Gesellschaft leistet. Er kommt nochmal zurück, als sein Herrchen runter zum Shop geht. Ich würde sagen, wir haben Freundschaft geschlossen!

TourenprofilKeld — Reeth

Distanz
17,5 km
Dauer
6:20 h
Bergauf
460 m
Bergab
580 m

Höhenprofil

Tiefster Punkt
200 m
Höchster Punkt
570 m

Wieder einmal habe ich die Wahl zwischen einer "High" und "Low" Route. Die High Route geht hoch auf das Moor, wo man Überreste der Bergbauindustrie sehen kann. Wainright beschreibt sie mit "a grim Trek admidst the debris of a dead Industry". Die Low Route geht idyllisch am River Swale entlang, gesäumt von Wildblumen und ländlichen Kneipen. Beide Strecken sollen auf ihre Weise reizvoll sein.

Ich entscheide mich für den rauen, "grimmigen Trek" mit mehr Höhenmetern. Doug und Mäx nehmen die Low Route.

Blick in ein Tal, durch das ein Fluß fließt

Der erste Teil der Strecke ist sehr schön, die Sonne scheint, aber insgesamt ist sie doch recht anstrengend. Es gibt zwei steile Anstiege und einen sanften Abstieg, der sich jedoch lange hinzieht. Unterwegs begegne ich einem englischen Pärchen, das eine Tageswanderung macht. Das nette Gespräch und die offene, freundliche Art der beiden gibt mir wieder etwas Schub. Dennoch bin ich froh, als ich in Reeth ankomme. Ich laufe in den Ort und checke zunächst die Tearooms (naja es gibt nur zwei), entscheide mich dann aber doch dafür, zuerst im Pub einzuchecken.

Weglose Hochebene, im Vordergrund Kies, dann Heide Eine Ruine einer alten Minie in den Bergen, ein Weg führt daran vorbei

Gepäck ablegen und wieder raus. Tatsächlich schließen die gastronomischen Möglichkeiten zu Zeiten, bei denen bei uns in den Cafés Hochbetrieb ist. Ich frage mich, wann wohl die englische "Tea Time" ist.

In einer kleinen, altmodischen Bäckerei mit einer angeschlossenen Teestube bekomme ich noch ein englisches Heißgetränk und einen super leckeren Scone. Ich plaudere ein wenig mit dem Bäcker, und ich habe das Gefühl, er freut sich, eine Fremde zu Gast zu haben.

Ein altmodischer Raum, auf einemm runden Tisch mit Tischdecke steht ein Gedeck mit Tee und einem Scone, Teekanne, Milchkännchen aus Edeelstahl daneben

Ziemlich erledigt beende ich den heutigen Tag. Morgen laufe ich nach Richmond, wo mich erfreulicherweise ein extra Ruhetag erwartet.

Tag 11 — Reeth — Richmond

Endlich mal wieder ein richtiges Frühstück. Ich will eigentlich nicht so spät los, aber da ist diese nette, englische Lady, mit der ich noch etwas plaudere. Sie wandert andersrum, also von Ost nach West. Ihren Mann trifft sie alle paar Tage für einen Pausentag und frische Klamotten. Sie ist schon etwas älter, macht die Tour zum zweiten Mal, und sie freut sich ungemein, eine Solo-Hikerin zu treffen. Einen interessanten Tipp für einen Zeltplatz at Clay Bank Top hat sie auch noch für mich. Der Tipp könnte bei der Planung und Teilung einer der nächsten sehr langen Etappen helfen. Bislang hatte ich die Idee, vor den "Wainstones" zu zelten, aber davon später mehr. Mir gefällt, wie sie von dem Zeltplatz (Farm-Capsite) erzählt: "Huge Farmer", "hearty portions of eavening Meal ... "

TourenprofilReeth — Richmond

Distanz
16,8 km
Dauer
4:40 h
Bergauf
270 m
Bergab
330 m

Höhenprofil

Tiefster Punkt
140 m
Höchster Punkt
310 m

Von meinem Zimmer aus sehe ich kurz vor 9 die Neuseeländerinnen unten über den Dorfplatz schlendern. Schade, die beiden werde ich wohl nicht mehr einholen.

Blick auf den Dorfplatz von Reeth. Ein Hang, davor ockerfarmbene Seinhäuser sind zu sehen

Es ist die letzte Etappe in den Yorkshire Dales. Der Weg ist nicht sehr spektakulär, und ich komme schon gegen 14 Uhr in Richmond an. Um lange Pausen zu machen, ist das Wetter einfach zu ungemütlich.

Blick in eine Schafherde auf einer Straße Auf einem Stein am Wegesrand ist ein Schild mit ddem Schriftzug Richmond und dem Stadtwappen angebracht

Das B&B in Richmond ist eine "1" mit Stern. Der Gastgeber ist super nett und ich bekomme das Prinzessinen-Zimmer. Das Frühstücksmenü klingt super, und es gibt sogar einen Hairdryer, mit dem ich morgen meine Hose trocknen kann (waschen ist dringend nötig).

Etwas entspannen, dann steht das Städtchen auf dem Programm. Ich schaue kurz mal nach "Mythalized Spirit", dann wieder zurück zur Unterkunft. Zeit für den angekündigten Welcome Drink, den ich in einem gemütlichen Gartensessel vor dem B&B einnehme. Dort werde ich morgen bestimmt auch eine gute Zeit haben (und lesen).

Ein paar Minuten später setzt sich eine Frau mit einem Weißwein zu mir in die Laube. Wir kommen schnell ins Gespräch. Sie Irin, lebt in England, ist gerade beruflich unterwegs. Hat als Jugendliche in der "National Leage" für England und Irland Basketball gespielt, war sogar schon bei Olympia! Wenn man so alles trifft beim Wandern … Interesting. Like!

Jetzt macht sie irgendwas mit "Intellectual Property", ist auch ein bissl spirituell angehaucht und trinkt gerne Wein (betont sie mehrfach, dabei etwas seufzend). Ich bekomme noch ein zweites Bier, weil der Gastgeber aus Versehen ein Falsches aufgemacht hat. Anschließend essen und gute Nacht. Ach ja, Hose waschen!

Tag 12 — Richmond — Richmond

Ruhetag. Ich genieße ein großartiges Frühstück, danach ein bissl Internetten und Einkaufen. Mal wieder durchstreife ich Supermärkte und Drogerien auf der Suche nach Spiritus (mittlerweile mehr Neugier oder Routine, denn es stellt sich die Frage, ob ich überhaupt noch welchen brauche). Ich frage in einem Outdoorladen und sie schicken mich in ein Geschäft, dessen Art ich hier aus Germany nicht kenne. Ich bin nicht sicher, aber ich glaube, "Yorkshire Trading Company" heißt es.

Das Internetz beschreibt den Laden mit "Everything For Your Home, Kitchen, Bathroom, Toys, Storage, Pets, Gardening & More". Ein Baumarkt ist es nicht, aber es geht in die Richtung. Und siehe da, dort gibt es das lila Fläschchen. Ich muss da jetzt einfach zugreifen, obwohl ich wahrscheinlich nicht viel davon brauchen werde.

Häuseransichten von Richmond

Am Nachmittag verbringe ich etwas Zeit in einem Tea room", treffe zufällig Doug und Mäx, die mir vom Richmond Castle erzählen. Ich verzichte auf Sight Seeing, streune lieber noch etwas durch die Gegend und sitze auf dem Marktplatz in der Sonne. Dort spricht mich eine Frau an. Sie meint, ich komme ihr bekannt vor. Es stellt sich heraus, dass sie auch Coast to Coasterin ist und wir beide in Orton im Pub zu Abend gegessen haben. Sie ist Schweizerin und mit einem befreundeten Paar unterwegs.

Aufgeregt erzählt sie, dass der Mann aus ihrer Bezugsgruppe heute auf dem Weg eine Herzattacke hatte. Glücklicherweise waren sie noch nicht lange unterwegs und hatten noch Empfang, sodass sie die Rettung rufen konnten. Er wurde sofort operiert und hat einen Stent bekomme. Ich gehe mit ihr einen Kaffee trinken und obwohl ich die drei nicht kenne, berührt mich die Geschichte. Es geht ihm so weit ganz gut, aber das hätte auch anders ausgehen können.

Ach ja, von der Schweizerin erfahre ich, dass ich bei de anderen Hikern wohl "the German with the tent" bin. Haha, hätte schlimmer kommen können.

Tag 13 — Richmond — Danby Wiske

Cream porridge and fresh fruits, love it. Halb neun geht's los. Unterwegs treffe ich Doug und Mäx. Wir gehen die Etappe zusammen. Das ist gut, weil sie ist — ich muss es leider so sagen — recht langweilig. Wir müssen ausnahmsweise viel auf Straßen gehen.

Tourenprofil Richmond — Danby Wiske

Distanz
21,9 km
Dauer
5:40 h
Bergauf
70 m
Bergab
170 m

Höhenprofil

Tiefster Punkt
40 m
Höchster Punkt
130 m

Die Freude ist umso größer, als uns diese Kirche mit ihrer offene Speisekammer und einer Teeküche empfängt. So unerwartet diese Einladung auch ist, so sehr freuen wir uns darüber. Das englische Wetter ist mal wieder recht ungemütlich. Drinnen sind wir nicht die einzigen Hiker. Wie gut so ein heißer Tee sein kann.

alte Kirche aus grauem Stein und eckigem Turm Innenraum einer Kirche mit einem Tisch auf dem Konserven und andere Lebensmittel aufgreiht sind

Der Farm-Campingplatz in Danby Wiske ist großartig. Wir erleben ihn noch nicht mal in seiner vollen Güte, denn die Betreiber (von denen wir nur Bestes gehört haben) sind im Urlaub. Wir sollen einfach Geld in eine dafür vorgesehene Box stecken, hieß es.

Außer uns steht nur ein weiteres Zelt auf der Wiese, etwas entfernt noch 2 oder 3 Caravans. Es gibt ein Hüttchen mit ein paar Snacks und bestimmt 4 oder 5 Stiegen mit rohen Eiern (die Hühner wohnen nebenan), außerdem ein Hüttchen mit einer Küche, Steckdosen fürs Handy und einem großen Tisch zum Verweilen. Last but not least — man hätte es von außen nicht gedacht — ein Waschhäuschen mit einer Dusche, die man sich nicht besser hätte erträumen können. Ich glaube, das war die beste Dusche, die ich je auf einem Campingplatz hatte. Auch im Gästebuch steht so einiges darüber, Wasserdruck, Temperatur, ihr glaubt gar nicht, was man an einer Dusche alles toll finden kann.

Ausschnitt eines Gästebuchs mit einem Eintrag, ein Kaffeebecher mit Kaffee steht daneben Eine Küchenzeile, die Wand ist unverputzt, rechts steht ein großer Tisch mit Stühlen

Essen gibts im White Swan. Wir glauben alles richtig zu machen und schicken ganz wie gewünscht zu einer bestimmten Uhrzeit unsere Bestellung per Textnachricht. Das heißt jedoch nicht, dass sie auch gelesen wird. Glücklicherweise bekommen wir trotzdem was zu essen!

Tag 14 — Danby Wiske — Lordstones

In der Nacht gab es ein Gewitter. Ein halbes Inch Regen ist gefallen, man war das laut. Das hat sogar das Schnarchen meines Nachbarn übertönt. Aber jedes Gewitter geht ja mal zu Ende, sodass ich endlich schlafen konnte. Am Morgen, Dusche und Campingküche nochmal ausgiebig genutzt. Wasserkocher, Porridge ... kann losgehen.

Tourenprofil — Danby Wiske — Lordstones

Distanz
27,8 km
Dauer
9:15 h
Bergauf
600 m
Bergab
350 m

Höhenprofil

Tiefster Punkt
40 m
Höchster Punkt
400 m

Gedanklich habe ich die nächsten Kilometer bereits optional in unterschiedliche Portionen geteilt. Ich könnte von hier aus eine kürzere Etappe machen, bis Ingleby Cross gehen und dort beim Blue Bell Inn zelten. Dann wäre die nächste Etappe bis Blakey Ridge mit 34 km aber ganz schön lang. Die Etappe könnte ich auch unterbrechen und bei den Wainstones wild zelten oder einen Abstecher zu einem Farm-Campingplatz machen … Hmm …

Letztendlich entscheide ich mich gegen eine Übernachtung in Ingleby Cross (ich habe nicht so viel Gutes vom Pub gelesen) und werde stattdessen dort nur lunchen. Dann gehe ich weiter bis Lordstones. Dort gibt es einen überteuerten Campingplatz, jedoch mit einem gratis Wasserhahn. Mein Zelt will ich lieber auf ein anderes frei verfügbares Plätzchen stellen. Doug verfolgt einen ähnlichen Plan.

Los geht aber jede(r) für sich. Während der ersten halben Stunde bekomme ich direkt klitschnasse Füße. Der Weg führt an einem Feld entlang durch hohes, nasses Gras. Hose bis Mitte Oberschenkel nass, aber es ist warm, das trocknet. Nur die Füße quietschen wieder. Don't like it.

Blick von oben auf die eigenen Beine, die graue Wanderhose ist bis Anfang Oberschenkel nass Weißenfeld, am Horizont Bäume

Ein anderes Highlight: die Überquerung der Bahngleise, in jedem Guidebook ein Thema — aber gar nicht so schlimm. Die Überquerung der A17 hingegen ... na ja, gibt Schöneres. Als ich an der Straße stehe, muss ich schon ordentlich schlucken, im Vorfeld hat mir der Gedanke daran auch schon nicht besonders gefallen. Eine Art Autobahn halt, muss man mögen. Aber wenn man etwas wartet und sich beherzt gut zuredet, dann findet man schon eine Lücke.

Als ich schon drüben bin, kommt Doug aus der Raststätte. Er hat Wasser gekauft und seine geliebten Pork Pies verspeist. Ab hier gehen wir zusammen weiter.

Im Blue Bell Inn in Ingleby Coss gibt's es ein ausgiebiges Mittagessen (und meinen ersten Yorkshire Pudding). Gut, dass ich hier nicht zelte, denn die Schnelstrasse ist deutlich zu hören.

Weg durch Heidelandschaft

Zwei Anstiege wollen wir heute noch meistern, wovon der zweite recht anstrengend ist. Auf dem höchsten Punkt machen wir Pause und treffen ein englisches Pärchen. Der Typ setzt sich zu uns und als seine Frau ein paar Minuten später kommt, sagt er in einer Art, die mir nicht besonders gefällt: "I think my wife needs a rest".

Ein Trailrunner mit Camouflage-Rucksack und Blasen gibt uns kurz danach einen Tipp für einen sanften Abstieg, aber wir bleiben on track.

In Lordstones scheint der Campingplatz geschlossen zu sein, oder es gibt keine Gäste. Alles verwaist. Wir wollen sowieso nicht hier bleiben, sondern nur Wasser auffüllen.

Die Waschräume sind offen und wir können in Ruhe unsere Flaschen füllen. In der Nähe wollen wir einen Platz zum Zelten finden. Das ist gar nicht so einfach. Ein Plätzchen im Wald ist ganz schlimm zugemüllt. Irgendwann entscheiden wir, uns einfach so halb auf dem Weg zu stellen. Wir wollen erst essen und wenn es dunkel wird, aufbauen. Doch das Dinner ist noch nicht ganz vorbei, da kommt ganz plötzlich ein Gewitter auf. Zack, zack muss das Zelt stehen. Mit meinem Turbo-Zelt kein Problem. Ich bin etwas nass geworden, meine Sachen konnte ich jedoch rechtzeitig in Sicherheit bringen.

Weißes offenes Zelt, ein schwarz-weißer Hund sitzt auf der Wiese frisst aus seinem Napf

Am nächsten Morgen kann Mäx wieder in der Sonne frühstücken.

Tag 15 — Lordstones — Blakey Ridge

Gestartet bin ich im Lake Destrict, dann gings durch die Yorkshire Dales und jetzt bin ich im dritten Nationalpark, den North York Moors.

TourenprofilLordstones — Blakey Ridge

Distanz
19,6 km
Dauer
6:50 h
Bergauf
510 m
Bergab
410 m

Höhenprofil

Tiefster Punkt
270 m
Höchster Punkt
450 m

Etwas Respekt habe ich vor der Etappe, es gibt mehrere Huckel zu überwinden und das Profil zeigt mehrere rote Stellen. Aber es läuft ganz gut. Der Weg zu den Wainstones spendiert mir viel Aussicht.

Weiter Blick von oben auf Felder und Kulturlandschaft

Bei den Steinen habe ich Orientierungsprobleme. Das Guidebook (Cicerone) beschreibt sie wie folgt:

"A tumble of boulders and rock outcrops, that represent one of only a small number of rock-climmbing opportunities in the North York Moors. Various paths weave a way through the Wainstones ..."

Haha, ja ja, various paths. Nicht dabei steht, dass keiner dieser "paths" wirklich gescheid markiert ist, zumindest nicht so, dass es irgendwie hilft.

Ich suche eine ganze Weile nach dem richtigen Weg. Die Wegspuren um die Steine herum lenken mich zusätzlich ab. Vermutlich bin ich nicht die Einzige, die nach dem Weg sucht? Es muss eigentlich mittendurch auf die andere Seite gehen, aber ich scheue mich, in den Felsen herumzuklettern.

Okay, erstmal hinsetzen, entspannen und Karten und Wegbeschreibungen in Ruhe studieren.

Inzwischen kommt eine Jungs-Gruppe (sehen aus wie Locals) und ich denke, nichts wie gaaanz unauffällig hinterher. Hehe, klappt.

Wainstones, Felsformation Wainstones, Felsformation, rechts davon Blick ins Tal

Der Abstieg ist steil, aber machbar. Nochmal hoch und dann ewig eine breite Piste durch die Heide. Die Vegetation und Tierwelt sind schön, aber es geht 3 Stunden so in der Art. Ich ziehe das Tempo deutlich an, weil irgendwann ist auch mal gut mit Heide, und ich will ankommen.

Weite Heidelandschaft in unterschiedlichen Farbschattierungen Weg durch eine Heidelandschaft in unterschiedlichen Grüntönen

Ziel ist der Lion Inn in Blakey Ridge. Der Pub ist aus dem 16. Jahrhundert und wahrscheinlich der Abgelegenste in England und der viert höchst Gelegene in Britain. Man kann ihn mit dem Auto erreichen, ansonsten Heide, eine große Schafweide und ein Haus gegenüber der Gaststätte. Innen ist es sehr gemütlich und dafür, dass er so alt ist, auch ganz schön groß. Es gibt mehrere Räume und ich sehe viele Gäste, zum Teil mit riesigen Portionen von Fleisch auf den Tellern.

Doug und Mäx winken mir von der Schafweide neben dem Pub zu (Schafe gibts hier auch). Sie haben längst aufgebaut und freuen sich, dass das Zelt im Wind trocknet. Ich muss erst die ganzen Schafköttel mit dem Fuß entfernnen, bevor ich mein Zelt ausrollen kann …

Drinnen sitzen noch ein paar andere Hiker, die Schweizerin, die A-to-B-to-A-Hikerin … Wir quatschen und ich erfahre endlich die Story der Ravenseat-Farmerin Amanda Owen, die dieses Jahr kein Cream Tea anbietet. Ich lach mich schlapp. Long story short: Sie und ihre Familie sind über Jahre Gegenstand ihrer selbst verfassten Bestseller ("Being a Yorkshere Shepardess" usw.). Sie hat einen Twitter-Kanal, es gibt TV-Dokumentationen über ihr familiy life mit 9 Kindern etc. etc., dann kommt raus, dass sie länger schon eine Affaire hat, Shitstorm, Feierabend. Kein Cream Tea mehr. Sowas.

Tag 16 — Blakey Ridge — Grosmont

Um 6 Uhr aufgewacht, um 8 Uhr soll es ein English Breakfast geben, ich packe aber schon mal zusammen. Der Pub lässt uns schon um 7 Uhr rein. Das ist gut, denn es ist richtig kalt und neblig. Alles ist klamm, besonders der Schlafsack.

TourenprofilBlakey Ridge — Grosmont

Distanz
21,3 km
Dauer
5:45 h
Bergauf
110 m
Bergab
470 m

Höhenprofil

Tiefster Punkt
30 m
Höchster Punkt
420 m

Grosmont heißt das heutige Ziel. Wir blicken nochmal zurück auf das vereinzelte Haus am Horizont.

Weiter Blick über Heidelandschaft, am Horzont sind ganz klein zwei Häuser zu sehen

Eigentlich sind es nur noch 50 km bis Robin Hood's Bay, aber ich habe noch viel Zeit. In Robin Hood's Bay habe ich lediglich für eine Nacht ein Zimmer gebucht, Verlängern ist nicht möglich und auch sonst ist alles ausgebucht. Ich freue mich sehr auf ein wenig Luxus. Also die Zielgerade entspannt aufteilen.

Es erwartet mich Straße, Heide, Straße. Am Ende sorgen ein Wäldchen und hübsche Dörfchen sorgen für Abwechslung. Ebenso jede Pfütze am Wegesrand: "Are you interested, Mäx?" Je schmutziger, desto leckerer.

Auf einem Steinmäuerchen steht ein schwarz-weiper Hund und blickt entgegen, im Hintergrund ein paar grasende Schafe Ein Weg mit zwei großen braunen Pfützen. In der linken Pfütze trinkt ein schwarzweißer Hund

Am Rande von Grosmont soll es einen Farm-Campingplatz geben (Priory Farm). Es gibt dazu kaum Informationen im Netz. Als wir ankommen, sitzt ein junges Schweizer Pärchen auf einem Mäuerchen. Sie kommen aus der anderen Richtung und gehen von Ost nach West. Ein Gastgeber ist weit und breit nicht zu sehen. Wir rufen an, hinterlassen eine Nachricht, warten.

Kaum 15 Minuten später fährt jemand mit einem Traktor auf den Hof. Kurz und schmerzlos teilt er uns mit: "Seit Covid kein Camping mehr". Er macht auch keine Anstalten, zu überlegen, ob wir nicht doch irgendwo unser Zelt aufstellen können, vermutlich ist er sowieso nicht der Entscheider der Farm.

Das Pärchen überlegt, ob sie sich ein Zimmer nehmen, aber ich muss ihnen leider mitteilen, dass in Grosmont und den umliegenden Dörfern alles ausgebucht ist (ich hatte darüber in den letzten Tagen auch nachgedacht).

Kurzer Blick auf die Karte, wie weit ist es bis zur nächsten Farm? Sicher 2 - 3 Stunden und wir sind beide für heute gefühlt angekommen. Wir beschließen, uns irgendwo ein Plätzchen zu suchen. Doch wo? Nochmal aus dem Dorf raus? Ich vermute, dass das nötig sein wird.

In einem kleinen Laden decken wir uns mit Nahrung ein. Die Dame füllt uns sogar unsere Wasserflaschen und gibt uns einen Tipp für einen Camp Spot.

Der Tipp ist allerdings so lala. Eine nicht genutzte Fläche am Rand eines Cricketfelds soll es sein. Eine Autostraße führt etwas erhöht nahe daran vorbei. Ich bin sehr skeptisch, aber habe auch keine Lust, alleine weiterzusuchen. Doug glaubt, die Autofahrer konzentrieren sich auf die nachfolgende Brücke und nehmen uns nicht wahr. Er baut ganz entspannt sein Zelt auf. Leider dreht ein Volonteer vom Trustee des Cricket Clubs seine Runde. Wir sind anscheinend nicht die Ersten, die versuchen, hier zu zelten. Das Argument: "If he let us camp here next weekend would be 30 people down Tside" (oder so ähnlich). Ich verstehe ihn nur so halb - Tside hä? Doug regt sich über den Spruch ziemlich auf und murmelt später irgendwas von Newcastle (Tside). So nach dem Motto, wenn er uns heute hier zelten ließe, hätte er nächstes Wochenende 30 Leute aus Newcastle auf der Matte. Doug versucht noch, mit seinem Alter den Platz zu verteidigen (er ist schon über 70), aber keine Gnade.

Mit unseren Zelten unterm Arm streunen wir in der Gegend herum, wechseln dann zu einem Grünstreifen am Dorfrand und finden einen halbwegs geeigneten Platz. Bevor wir aufbauen (lieber erstmal abwarten), bürstet Doug seinen Mäx, und wir kochen uns was zu essen. Ich habe ja jetzt Spiritus, hehe.

Auf einem moosbewachsenen Sein ist ein Campingkocher mit einem Topf voller Nudeln von oben zu sehen. Daneben eine Plastiktüte und weitere Campingutensilien Ein braundes geschlossenes Zelt und ein weißes offenes Zelt stehen in einem lichten Birkenwäldchen.Die Sonne steht tief

Wenn schon nicht der Volunteer, so ist zumindest das Wetter heute Abend auf unserer Seite!

Tag 17 — Grosmont — High Hawsker

Wie schon erwähnt, liege ich fast zu gut in der Zeit. Ich darf nicht zu früh in Robin Hood's Bay ankommen, da ich nur für eine Nacht ein Zimmer gebucht habe. Das Städtchen ist komplett ausgebucht. Nachdem ich in den letzten Tagen verschiedene Optionen in meinem Kopf hin und her geschubst habe, entscheide ich mich zugunsten eines vermutlich nicht so tollen, klassischen Campingplatzes, der ca. 2 - 3 Wanderstunden von meinem eigentlichen Ziel entfernt ist. Doug wird dort auch übernachten, denn er muss relativ früh am nächsten Tag in Robin Hood's Bay den Bus nehmen. Ein Vorteil hat die kurze Etappe morgen: Ich komme früh am Tag an und es ist sicher recht ruhig unten an der Bay.

TourenprofilGrosmont — High Hawsker

Distanz
17,6 km
Dauer
6:00 h
Bergauf
420 m
Bergab
330 m

Höhenprofil

Tiefster Punkt
270 m
Höchster Punkt
40 m

On we go … Heute ausnahmsweise mal mit einem trockenen Zelt im Rucksack. Einen Tee gegen Spende gibt es heute auch wieder, und zwar in einer Kirche in Littlebek. Wasserkocher, Teebeutel, alles da, um auf unsere Gesichter ein freudiges Lächeln zu zaubern.

Blick entlang einer Häuserfront aus grauem schmutzigem Stein, das erste Haus hat eine blaue Tür, daneben ein Rosenbusch

Die Etappe macht nochmal großen Spaß. Wir kommen durch ein sehr hübsches Wäldchen mit einem Wasserfall, und die Sonne meint es gut mit uns. Doug hat in seiner Karten-App sogar einen Tea room oder besser gesagt ein Garten-Café gefunden. Das Foto sieht zwar nicht so einladend aus, aber wir sind nicht anspruchsvoll. Umso größer ist die Freude, als wir dort ankommen und uns ein idyllisch gelegenes Freiluft-Café erwartet. Hübsche Holzbänke und Tische, kleine Vögelchen zwitschern fröhlich, hüpfen neugierig um die Tische herum und picken dabei ein paar Krümel von den Bänken.

Ein Birkenwäldchen mit einem Holzsteck, ganz vorne steht ein schwarzweiser Hund und blickt entgegen

Und das Beste, im Büdchen gibt es endlich Cream Tea! Ich werde im Leben nicht diese Scones vergessen. Frisch gebacken, noch warm, etwas Puderzucker, frisch geschlagene Sahne und hübsche, rote Marmelade. Das Leckerste, das ich in England in den letzten Wochen gegessen habe. I love it.

Blick von oben auf einen eckigen Pappteller mit einem Scone, je ein Schälchen mit Sahne und Marmelade, daneben ein Pappbecher mit Tee

Ich bin noch voll aus dem Häuschen angesichts dieses Geschmackserlebnisses, da kommen die Neuseeländerinnen und das Pärchen "I-think-my-wife-needs-a rest" dazu.

Ausgiebiges Palaver, weil wer weiß, ob man sich nochmal sieht. Die beiden Frauen wollen heute noch bis Robin Hood's Bay durchziehen.

Dann geht es im Schnellschrtt Richtung Küste. Der Campingplatz High Hawsker ist natürlich nicht mehr so charmant wie die Farm Campsites der vergangenen Tage, aber egal. Heute Nachmittag ist Ausruhen angesagt und leider sehr lange aufs Abendessen warten. Im einzigen Pub, der fußläufig zu erreichen ist, ist kein Platz mehr frei, wir müssen 2 Stunden später wiederkommen!

Weiter Blick in eine Landschaft, im Vordergrund Heide, im Hintergrund Kulturlandschaft, das Meer ist am Horizont zu sehen

Tag 18 — High Hawsker — Robin Hood's Bay

Die letzten 8 - 10 km nach Robin Hood's Bay! Kurzer Walk. Genießen! Heute will ich alleine gehen und auf den letzten Kilometern nochmal etwas Ruhe finden. Ich starte jedoch höchstens 10 — 15 Minuten eher als Doug.

Tourenprofil High Hawsker — Robin Hood''s Bay

Distanz
7 km
Dauer
2:15 h
Bergauf
100 m
Bergab
170 m

Höhenprofil

Tiefster Punkt
20 m
Höchster Punkt
130 m

Schon nach gefühlt einer halben Stunde erreiche ich die Küste. Dort geht es bei Sonnenschein oberhalb der Klippen RichtungRobin Hood's Bay. Auf der einen Seite das Meer, auf der anderen Seite grasende Schafe, über mir der blaue Himmel. Ein großartiges Finale.

Ein Holzzaun, dahinter Wiese und am Horizont das Meer, der Himmel ist blau Blick in eine Bucht, entfernt ein Dorf an der Küste

Als ich Robin Hood's Bay das erste Mal von Ferne sehe, schnüffelt mich von hinten etwas an. Es ist Mäx! Haha, wie cool! Sein Herrchen weit und breit nicht zu sehen. Nach einem ausgiebigen "Hello my friend" will ich weiter. Ich achte darauf, dass das Gatter, durch das ich gehen muss, zu ist und mir Mäx nicht folgen kann. Doug vermisst ihn bestimmt. Der Hund schlüpft jedoch unter den Holzlatten durch. Einen Augenblick später höre ich Doug rufen. Als er uns einholt, ist er sichtlich angestrengt, denn seit sie gestartet sind, hat der Hund meine Fährte gewittert und ist davon gespurtet. Doug konnte ihn nicht so recht bremsen. Ich muss ein wenig in mich hineinlachen. So war das eigentlich nicht geplant, aber mir gefällt die Geschichte.

30 Minuten später sind wir in Robin Hood's Bay, weitere 15 Minuten später an der Bay! DONE!!!

Vom Wasser aus (und bei Ebbe) Blick auf ein Städtchen, die Kaimauer ist in der rechten Bildhälfte zu sehen Ein Hund läuft bei Ebbe Richtung Wasser

Die Neuseeländerinnen sind schon seit gestern Abend da, kommen aber zum Strand, um uns zu begrüßen. Wir machen nochmal ausgiebig Fotos, tragen uns ins Gästebuch in der Wainwright Bar des Bay Hotels ein und verabschieden uns.

Ein ockerfarbenes und ein weißes Haus, davor ein Boot, am weißen Haus sieht man den Schriftzug Bay Hotel

Mittags checke ich in mein Hotel ein, ich freue mich schon seit Tagen auf den mich erwartenden Luxus. Von außen ist es ziemlich hübsch, auch Lobby und Empfang, alles sehr fein. Leider habe ich die Besenkammer mit einer dröhnenden Lüftung und stetem Chicken-Geruch erwischt (jetzt weiß ich auch, weshalb das Zimmer einigermaßen erschwinglich ist). Ich will mich erst damit abfinden, aber Entspannung ist schlicht unmöglich angesichts der doppelten Sinnesbelästigung. Also gehe ich in meiner bereits gewaschenen und nun nassen kurzen Hose runter in die Lobby und frage nach einem anderen Zimmer. Erstaunlicherweise wird mir mein Wunsch sofort gewährt, die Dame guckt zwar etwas angespannt, aber was soll's. Jetzt wohne ich in der Family Suite mit großem Erker und Aussicht.

Ein prächtiges Haus aus rotem Stein mit zwei Erkern und großen Fenstern, Victoria Hotel ist zu lesen

Ich verbringe noch einen ruhigen Abend, trinke ein letztes Ale, und am nächsten Tag geht es mit dem Bus nach Scarbourogh, mit dem Zug nach Manchester und dann back home.

Holzchild am Bay Hotel mit der Aufschrift: Coast to Coast Walk 192 Miles The End

Fazit: Viel erlebt, tolle Begegnungen, viel Grün, viele hübsche Schafe, die Briten ins Herz geschlossen. Etwas schade, dass der Lake District so nass und wolkenverhangen war, schön war er trotzdem. Allen Widrigkeiten getrotzt. Mein neues Zelt hat super funktioniert und die Zeltmöglichkeiten auf Farmen und bei den Pubs haben mir gut gefallen. Ein paar Asphaltstraßen weniger wären in der Mitte nicht schlecht gewesen, aber hey, England von West nach Ost durchquert. Ich bilde mir ein, das Land etwas kennengelernt zu haben.